Die Reise von Dakgwok Yau Yi
In den stillen Wäldern des hohen Nordens lebte eine Gemeinschaft, die von einem uralten Baum beschützt wurde, dem Weltenbaum Yggdrasil. Es hieß, dass dieser Baum die Verbindung zu den neun Welten hielt und über die Schicksale der Sterblichen und Götter wachte. Doch eines Nachts zog ein dunkler Schatten über den Baum, und die Bewohner spürten, dass ein Bruch im Gewebe der Welten bevorstand. Ein Zeichen erschien: Ein seltsamer, kantonesischer Schriftzug brannte sich in die Rinde von Yggdrasil. Niemand konnte es deuten, bis eine Fremde erschien – Dakgwok Yau Yi.
Yau Yi war eine wandernde Geisterhüterin, eine Yin-Meisterin, die zwischen der Welt der Lebenden und der Toten wandelte. Sie hatte die Aufgabe, verlorene Seelen zu führen und jene zu bannen, die Unheil brachten. Von ihren Reisen durch ferne Länder hatte sie von Yggdrasil gehört, doch niemals erwartet, dass sie selbst eine Rolle in dessen Schicksal spielen würde.
Die Nordbewohner waren skeptisch gegenüber Yau Yi. Ihre kantonesische Kleidung, ihre eleganten Bewegungen und die fremden Symbole, die sie mit sich trug, schienen nicht zu den rauen Landschaften zu passen. Doch als sie ihren gläsernen Spiegel erhob, der die Wahrheit enthüllte, die das Auge nicht sehen konnte, erkannten sie die Ernsthaftigkeit ihrer Mission. Ein Geist aus den Tiefen der kantonesischen Unterwelt, bekannt als Gwai Lung – der Schattendrache – hatte sich in den Wurzeln von Yggdrasil eingenistet. Der Drache nährte sich von den Geschichten und Erinnerungen der nordischen Welten und drohte, sie zu verschlingen.
Yau Yi erklärte, dass nur eine Verbindung zwischen den Kräften ihrer Heimat und der Macht der nordischen Götter diesen Geist bannen könnte. Sie rief nach dem nordischen Gott Heimdall, dem Hüter der Regenbogenbrücke. Heimdall, beeindruckt von ihrer Entschlossenheit, stimmte widerwillig zu, mit ihr zusammenzuarbeiten.
Die Schlacht unter der Weltenbrücke
Gemeinsam stiegen sie hinab zu den Wurzeln Yggdrasils, wo die Dunkelheit schwer wie ein Mantel lag. Gwai Lung lauerte in den Schatten, seine Augen glühten rot wie Feuer. Yau Yi begann, mit einem kantonesischen Gebet die verlorenen Seelen zu rufen, die Gwai Lung gefangen hielt. Gleichzeitig blies Heimdall in sein Horn, und der Klang hallte durch alle neun Welten.
Die Schlacht war gewaltig. Yau Yi nutzte ihre Spiegelmagie, um die wahre Form des Drachen sichtbar zu machen, während Heimdall mit seinem Schwert kämpfte. Doch Gwai Lung war stark; er hatte Geschichten und Mythen aus beiden Kulturen in sich aufgenommen und schien unbesiegbar. Erst als Yau Yi ihre letzte Karte ausspielte – eine kleine Glocke aus ihrer Heimat, die die reinsten Töne erzeugte – wurde der Drache geschwächt. Die Glocke ließ die Erinnerungen der gefangenen Seelen frei, und mit einem letzten Hieb von Heimdalls Schwert wurde Gwai Lung gebannt.
Die Rückkehr des Gleichgewichts
Als der Drache verschwand, wurden die Wurzeln von Yggdrasil wieder klar und stark. Heimdall nickte Yau Yi respektvoll zu, ein seltenes Zeichen der Anerkennung. Sie hatte bewiesen, dass selbst die entferntesten Kulturen durch gemeinsame Geschichten und Mut verbunden sein konnten.
Yau Yi verabschiedete sich von den Nordbewohnern und trat ihre nächste Reise an. Doch in der Rinde von Yggdrasil blieb ein Zeichen zurück – kantonesische Schrift, die besagte: „Wo Schatten sind, wird Licht siegen.“
Die Geschichten von Dakgwok Yau Yi und ihrer Begegnung mit den nordischen Göttern wurden in beiden Kulturen erzählt, eine seltene Brücke zwischen zwei Welten.